Aktuell finden sich 3 Millionen 110 tausend Einträge im Internet zum Thema, scheitern scheint geradezu trendig zu sein.
Dann wird die schöne Geschichte vom Letatlin (Luftfahhrad) erzählt. (Scheitern an höchsten Ansprüchen mit ästhetischem und sozialem Hintergrund)
Das Schöne am Redethema „Scheitern“ ist: Je weiter man es verfehlt, desto genauer trifft man den Punkt. Man kann hier nichts falsch machen, ein Scheitern ist quasi
per se ausgeschlossen. Scheitert man allerdings sogar am Scheitern, dann ist man per definitionem wieder erfolgreich, „erfolgreich scheitern!“ scheint mir also das Gebot der
Stunde.
Happy Scheitern! Nicht einmal eine ordentliche Krise bringen wir noch zusammen. Scheitern aller Orten, jedes umgesetzte Projekt zieht hunderte, nicht gemachte mit
sich und das ist gut so!
Der barocke Österreicher ahnt und weiß es: Im lachenden Antlitz des Menschen bleckt der Tod seine Zähne: eitel ist des Menschen Werk, nicht von Dauer sein Dasein.
Seine Geburt birgt den Tod in sich, und die Stätte seines Wirkens weiß nichts mehr von ihm. Wind verweht seine Spuren und der Regen wäscht seine Zeichen weg, (zumindest war dies so vor Beginn des
Stahlbetonbaues)
Das Schöne am Scheitern, ist gerade, dass es keine privilegierte Kunst ist, sondern dass gerade hier im Sinne von Beuys jeder Künstler ist oder werden kann.
Wirtschaftsbosse und Künstler, Sozialhilfeempfänger und Manager, Politiker und Privatiers, Reiche, Arme, Kluge, Dumme etc… tun es, aus Übermut, Unfähigkeit, Langeweile, Sadismus, Idealismus,
Dadaismus, aus Prinzip oder einfach so: es scheitern regelmäßig Neujahrsvorsätze, Wirtschaftspläne, sicher jedoch alles, wo Reform draufsteht, also z.b. VerFaltungsreformen, äh
VerWaltungsreformen, Rechtschreibreformen, Krankenhausreformen, Schulreformen etc...
Scheitern an sich ist demokratisch, die Folgen des Schutt-Wegräumens allerdings weniger, die können leicht diktatorische Züge annehmen.
Nicht alles, was schiefgeht, ist im übrigen automatisch Kunst, alle Unfähigkeit soll sich der Kunstschaffende nicht selber umhängen lassen, auch wenn es gerade
durchaus einen großen Markt für Schuldzuweisungen geben sollte. So viel sei hier neidlos zugestanden: Eine derartige Verwirrung, für die das Finanzsystem zur Zeit sorgt, würde die Kunst
schlichtweg nicht zustande bringen, daran würde sie sicherlich scheitern.
Hier ein kurzes konkretes Poem
für die Romantischen:
Scheitern - die Gescheiteren - die Gescheiterten - die Gescheiterung - scheiterlich - Das Scheit - das Scheiterln - heiter - Eiter - am Eitern scheitern - am
Scheiterl - eitern
„Iter“ – der Weg : also Etwas weg-scheitern lassen oder: Durch Dichten sich vernichten:
Abschließend ein kleines Scheiter-Kompendium von A-Z für die Pragmatiker ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Jeder kann ohne viel Mühe scheitern beim:
Anmeldeformular ausfüllen / Beschwerdeeingaben koordinieren / CD-Installieren / Durchrechnungzeitraum erstellen / Eingabe abwickeln / Follikelentfernung /
Gesamtsicht erläutern / Humorversuch wagen / Identitätsverschiebung veranlassen / Josefinismus vermeiden / Kreativitätsanfall in die Schranken weisen / Lustbarkeitsabgabe verhindern /
Magenverträglichkeit erhöhen / Nordpolexpedition tatsächlich angehen / Projektbeschreibung terminisieren / Quittenmarmeldenherstellung industrialisieren / Renitenz aufrecht erhalten /
Subsistenzwirtschaft verstehen / Titulierung korrigieren / Unterhaltungselektronik in Gang bringen / Verfahrensabwicklung kommentieren /Wetterbericht vertrauen / Xenophobieverweigerung bekämpfen
/ Yorkshereterrier erziehen / Zufallsgenerator /Zusperren / Zusammenräumen / Zwetschenpowidlkochen / Zufallsprinzip / am Zurredestellen / Zwischenbilanzziehen / am Zusammenhalten der
Kieferknochen
Warum das letztlich hier bei uns nicht so tragisch ist:
„A scheene Leich in Österreich – macht d´ Österreicher wieder gleich“
© Josef Brescher September 2009